RI-Aktuell 28.Juli 2017

Ruhrstadt-Imker-Aktuell
Ruhrstadt-Imker-Aktuell Aktuelle Tipps zur Bienenpflege

Zurzeit wenig Tracht und (noch) wenig Milben

In Kürze:

  • Auf die Futterversorgung der Völker achten! Besonders bei den Jungvölkern. Doch auch nicht zu viel Futter auf einmal geben. Winterauffütterung erst im September!
  • Den Varroabefall überwachen! Der Varroabefall liegt auch in 2017 allgemein niedrig und in der Regel noch im „grünen Bereich“. Die erste Behandlung kann noch warten. Bei den Jungvölkern nicht vor September behandeln! „TuB“-Völker werden nach Zeitplan behandelt.
  • Die Springkrauttracht hat da und dort begonnen. Pollensammlerinnen kommen als „Glühwürmchen“ nach Hause.

Das erste Springkraut blüht und wird beflogen. Nach dem Blütenbesuch sind die Sammlerinnen auf ihrem behaarten Rücken auffällig mit hellgrauem Pollen bepudert. Ein Teil des Pollenpuders wird nach der Rückkehr im Stock abgestreift und fällt durch den Gitterboden. Bei der Gemülldiagnose fällt es als hellgraues Mehl in der Nähe des Stockeingangs auf. Ausdehnung und Dicke dieses Mehlbelags lassen einen Vergleich von Völkern und Bienenständen hinsichtlich Volksstärke bzw. Trachtnutzung zu.

Die Ziele der Spätsommerpflege

Die Spätsommerpflege steht an. Mit ihr werden die Völker auf die Überwinterung vorbereitet. Im Oktober sollen sie stark genug und ausreichend bevorratet sein und außerdem auf möglichst jungem Wabenbau sitzen und eine junge Königin und wenig Milben haben. Dann werden sie sicher über jeden Winter kommen!

Die Jungvölker

Diese fünf Ziele sind bei Jungvölkern leicht zu erreichen. Sie wurden im Mai/Juni als Brutableger mit zwei „Altwaben“ (1 Brutwabe, 1 Futterwabe) und 1 Mittelwand gebildet, im brutfreien Zustand im „Sprühverfahren“ gegen die Varroamilbe behandelt, und, als sie zu wachsen begannen, mit Mittelwänden erweitert und bei Bedarf in kleinen Portionen gefüttert. Den Höhepunkt ihres Brutstandes erreichen Jungvölker zwischen Mitte und Ende August, und drei Wochen später, im September, den Höhepunkt ihrer Volksstärke. Das Winterfutter wird den Jungvölkern erst gegeben, wenn ihre Brutnester zu schrumpfen beginnen, und dann in zwei oder drei Portionen. Nach der Auffütterung und damit erst im September wird die Vorbereitung der Jungvölker auf den Winter mit einer Ameisensäurebehandlung abgeschlossen.
Die Fluglöcher der Jungvölker waren von Anfang an eingeengt und sie bleiben auch oder gerade im Spätsommer/Herbst eingeengt. Das auf eine oder zwei Fingerbreiten eingeengte Flugloch befindet sich durchgehend dort, wo der Brutableger gebildet wurde, rechts oder links am Beutenrand, NICHT in der Mitte.

Die Altvölker

Altvölker (oder Wirtschaftsvölker) werden bis zu Beginn der Spätsommerpflege in drei Zargen geführt. Ihre Brutnester begannen Ende Juli zu schrumpfen. Dabei rücken sie nach oben. In der Regel wird die untere Brutraumzarge gegen Mitte August brutfrei und kann dann komplett mit ihren alten Waben, nach Abschütteln der Bienen, entfernt werden. Beim Einengen kommt die ehemalige obere Brutraumzarge auf den Gitterboden, auf ihr der ehemalige Honigraum und darauf eine Leerzarge. Sie wird nach dem Einengen, noch im August, zuerst zum Einstellen des Ameisensäureverdunsters genutzt und unmittelbar nach erfolgreicher Behandlung als „Futterzarge“. Das notwendige Winterfutter wird in einer oder zwei Portionen (in einer Stapelbox) gegeben. Nach der Auffütterung wird die Ameisensäurebehandlung –im September- wiederholt.

Beim Einengen der Altvölker kann, ohne Waben zu ziehen, ihre Stärke beurteilt werden. Beim Abheben der unteren Brutraumzarge sollte eine Bienentraube zu sehen sein. Sie sollte mindestens die Hälfte des Gitterbodens bedecken. Wenn die Bienentraube gänzlich fehlt, dann sind die untere Brutraumzarge und meist auch der Honigraum nur schwach besetzt. Das Altvolk wäre dann auf eine Zarge einzuengen. Nach der Ameisensäurebehandlung wird es entweder aufgelöst oder aufgefüttert und dann später im Oktober mit einem anderen Ein-Zargen-Volk vereinigt. Bei schwachen Altvölkern werden nach dem Einengen die Fluglöcher eingeengt!

Bei einer im Spätsommer aufkommenden „Wespenplage“ ist es nicht verkehrt, wenn man bei allen Altvölkern die Fluglöcher etwa auf ein Drittel einengt.

Die Gemülldiagnose

Zentraler Bestandteil der Spätsommer- und Herbstpflege von Jung- und Altvölkern ist die Gemülldiagnose! Mit ihr wird der natürliche Milben(ab)fall erfasst bzw. die Entwicklung des Varroabefalls im Bienenvolk beobachtet. Von Juli bis zur Restentmilbung im Spätherbst/Frühwinter stehen insgesamt fünf Gemülldiagnosen an. Jedes Mal wird die Windel (weiß, aus Kunststoff, mit Rand) von hinten –ohne Störung des Volkes- in den Gitterboden geschoben und nach 2-5 Tagen wieder gezogen und sorgfältig (mit Kopflupe) nach abgefallenen Varroamilben abgesucht. Ihre Anzahl wird durch die Anzahl der Tage der Windeleinlage geteilt. Das Ergebnis: Anzahl natürlich (ohne Behandlung!) gefallener Milben pro Tag.
Die Bewertung des Ergebnisses richtet sich nach der Schadensschwelle im Herbst. Diese liegt bei 10 Milben/Tag (!) und damit deutlich niedriger als die Schadensschwelle im Sommer (100 Milben/Tag) und höher als die Schadensschwelle im Winter (1 Milbe/Tag). Außerdem ist zu beachten, dass sich die Milben, auch und besonders die, die eine frühe Sommerbehandlung überlebt haben, in den Völkern vermehren, solange die Völker brüten. Innerhalb eines Monats kann sich die Milbenzahl eines Volkes verdoppeln. Aus „5 Milben pro Tag“ Mitte August werden bis Mitte September „10 Milben/Tag“ und bis Mitte Oktober „20 Milben/Tag“. Dann wäre die Schadensschwelle für den Herbst deutlich überschritten.
Deshalb lautet eine Zielsetzung: Bei einer Behandlung im Sommer muss der Varroabefall deutlich unter die Schadensschwelle des Herbstes gedrückt werden! Denn es kommt nicht darauf an, was an Milben herunter fällt, sondern darauf, wie viele Milben im Volk überleben und sich weiter vermehren.
Deshalb ist die Beobachtung des Varroabefalls durch Gemülldiagnose(n) unbedingt notwendig. Wer beobachtet weiß Bescheid und ist vor Überraschungen geschützt.

Diese Fünf sind wichtig

Die 1. Gemülldiagnose im Juli:
Sie erlaubt die Beurteilung, ob Gefahr im Verzug ist. Bei einem Milbenabfall von deutlich über 10 Milben Tag muss eventuell unmittelbar nach der Sommerhonigernte behandelt werden.

Die 2. Gemülldiagnose Mitte August
bzw. unmittelbar vor der ersten Ameisensäurebehandlung der Altvölker: Dann weiß man was in den Völkern ist und fallen MUSS.

Die 3. Gemülldiagnose im September,
aber erst mindestens 14 Tage nach Ende der ersten Ameisensäurebehandlung. Ameisensäure wirkt auch in die verdeckelte Brut. Die dort getöteten Milben fallen erst, wenn die Brut schlüpft. Natürlicher Milbenfall stellt sich erst ein, wenn die während der Behandlung vorhandene verdeckelte Brut geschlüpft ist: Der Vergleich des natürlichen Milbenfalls nach der Augustbehandlung mit dem vor der Augustbehandlung dient als Gradmesser für den Behandlungserfolg der Augustbehandlung und als Orientierung wie gut die anstehende Septemberbehandlung wirken muss.

Die 4. Gemülldiagnose im Oktober:
Ist der Varroabefall im „grünen Bereich“? deutlich unter 5 Milben/Tag?

Die 5. Gemülldiagnose im Spätherbst/Frühwinter
vor der Restentmilbung : Haben die Völker noch Brut? Und wie viele Milben?

Für die Varroabehandlung stehen zwei Konzepte zur Verfügung. Das „Teilen und behandeln“ und die „Spätsommerpflege in vier Schritten“. Beide Konzepte sind ausführlich in den Monatsbetrachtungen von Juli und August beschrieben.
Mit „Teilen und behandeln“ wird nach der Sommerhonigernte gegen Ende Juli/Anfang August begonnen. Bei diesem Konzept werden die Teilvölker nicht mit Ameisensäure, sondern mit Oxalsäure behandelt.
Mit der „Spätsommerpflege in vier Schritten“ (1. Einengen, 2. Behandeln mit Ameisensäure, 3. Auffüttern, 4. Behandeln mit Ameisensäure) wird erst begonnen, wenn die untere Brutraumzarge brutfrei geworden ist. Das ist in der Regel (erst) nach Mitte August der Fall.
Die Jungvölker werden nur einmal, im September nach ihrer „Winter-Auffütterung“, mit Ameisensäure behandelt. Eine Behandlung vorher ist nicht notwendig, weil sie – im Mai als Brutableger gebildet - im Juni im brutfreien Zustand mit Oxalsäure gegen die Varroamilbe behandelt worden waren. Außerdem verbietet sich eine frühe(re) Ameisensäurebehandlung der Jungvölker, weil diese im Juli/August noch relativ viel Brut und wenig Bienen haben. Eine Behandlung mit Ameisensäure im Sommer würde zu gewaltigen Brutschäden führen.

Eine „ReInvasion“ von Nachbarständen oder „wilden Bienenvölkern“, die den Behandlungserfolg zunichtemacht, gibt es nicht. An Varroose zusammenbrechende Völker werden häufig von Nachbarvölkern beräubert. Die Räuberbienen tragen dann auch Milben ein. Es ist mehrfach belegt, dass nur maximal 5% der Milben, die den Zusammenbruch eines Bienenvolkes ausgelöst haben, in den räubernden Völkern landen und sich dort vermehren. Ihr Eintrag bzw. ihre Vermehrung ist durch Gemülldiagnose zu erkennen, bevor Gefahr im Verzug ist.

Ergebnisse der Gemülldiagnosen im Juli 2017

Der natürliche Milben(ab)fall von 96 Wirtschaftsvölkern an 9 Bienenständen im Raum Bochum. Mittelwerte von jeweils 2 Zählungen im Zeitraum 10.-25. Juli 2017. An 3 Ständen sind bei insgesamt 7 Völkern mehr als 10 Milben/Tag gefallen. Bei 46 Völkern wurden weniger als 1 Milbe/Tag gezählt.


Dr. Gerhard Liebig, Bochum, immelieb@t-online.de